RITORNERAI (DU WIRST ZURÜCKKEHRERN)
(Bruno Lauzi) - Bruno Lauzi, 1963
Wir schrieben den 3. August 1963. Ich befand mich in der Wohnung Silverio Pisus, in der Via Ombroni 1 in Mailand. Es war früher Nachmittag, und wir sollten in den Urlaub aufbrechen. Ziel war Albisola, wo Silverio ein Haus besaß. Die Koffer standen gepackt vor der Tür, die Gitarre lag auf dem Bett. Silverio wollte noch kurz Zigaretten kaufen gehen, ohne Auto. „Zu Fuß bin ich schneller“, meinte er, und ließ mich in der Wohnung zurück. Ich nahm ein weißes Blatt aus der Schreibtischschublade, reihte ein paar Worte aneinander und brachte sie in Versform. Dann griff ich zur Gitarre und begleitete den Text. Als Silverio kurz darauf zurückkam, spielte ich ihm mein eben komponiertes Stück vor. „Ich werde es Ritornerai nennen. Was meinst du?” fragte ich. „Ich meine, dass du mich verarschen willst”, lautete seine Antwort.Er hat mir nie geglaubt, dass ich in wenigen Minuten ein Stück geschrieben hatte, das mein Leben verändern sollte, und so gab ich es letztlich auf, ihn überzeugen zu wollen.Nach jenem Urlaub kehrte ich zu meinem eintönigen Leben in Varese zurück. Eines Abends – ich war vor kurzem verlassen worden - schloss ich mich ein paar Freunden an, um der typischen Melancholie des unfreiwilligen Singles zu entrinnen. Wir machten einen Ausflug nach Campione d’Italia. Sie gingen ins Kasino, und ich wartete derweil in einer kleinen Bar am Seeufer auf sie. Dort begegnete ich einem jungen Genueser, Marcello Picasso, der auf seiner Gitarre spielte und Songs von uns Liedermachern dazu sang. Er erkannte mich und bat mich vor allen, O frigideiru (Der Kühlschrank) zu singen – welch fantasievoller Wunsch! Ich stimmte zu, aber da ich meine Trübsal irgendwie überwinden wollte, setzte ich, bevor er überhaupt protestieren konnte, zu Ritornerai an.Wie in einem Film wurde ich nach meinem Auftritt von zwei sehr seriös aussehenden Herren an ihren Tisch gebeten. Sie stellten sich als Schallplattenproduzenten vor und forderten mich auf, am nächsten Tag im Ariston-Verlag vorstellig zu werden, um mein Stück dem Direktor Alfredo Rossi vorzuspielen. Ich begab mich in den Verlag, und alles lief bestens, bis Rino Icardi, ein Journalist der RAI, der mich vorgestellt hatte, herausplatzte: „Hör dir an, was wir geschrieben haben.” Er bezog sich auf Ritornerai. Woraufhin ich die Gitarre zur Seite legte und ihn am Kragen packte. „Das war doch nur ein Witz!” stotterte das Schlitzohr. Alfredo Rossi lachte, und ich zog mit meinem ersten richtigen Plattenvertrag in der Tasche von dannen.
Aus: Lauzi, Bruno, Tanto domani mi sveglio. Autobiografia in controcanto, Sestri Levante, Gammarò Editore, 2006, S. 55-56