CANZONE ITALIANA 1950-2000>
In der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts wurde die italienische Musik erwachsen. Der Übergang vom reinen Unterhaltungsprodukt der Zwischenkriegsjahre zu einem individuellen Genre, das mehr als nur oberflächliche Zerstreuung und Ablenkung bieten wollte, vollzog sich zwischen den Fünfziger und Sechziger Jahren. Angespornt von neuen ausländischen Tendenzen – Chanson, Rock ’n’ Roll und Jazz – sowie dem Aufkommen der Tonträger mit 45 und 33 Umdrehungen, wendete sich eine junge Generation von Komponisten und Interpreten von der melodischen Tradition ab und einer grundlegenden musikalischen Innovation zu. Die Sechziger Jahre der Liedermacher, des Beat und des Progressive Pop hoben sich durch originelle Coverversionen und Neufassungen hervor, welche selbst internationale Musikgrößen nach Sanremo lockten, und parallel dazu entstand, in Italien sowie weltweit, die Bewegung des Folk Revival, Ausdruck jenes wiederaufkeimenden leidenschaftlichen sozialen Engagements, welches der Faschismus hierzulande über Jahre hinweg unterdrückt hatte. Die Siebziger Jahre standen im Zeichen einer Politisierung der Musik (Rocker und Liedermacher beherrschten die Szene) und somit der Abwendung von den volkstümlichen Stilmitteln der heimischen Tradition. In den Achtziger Jahren erlebte die italienische Musikproduktion – dank der Erfindung der Compact Disc - eine Blütezeit und gleichzeitig eine Fragmentierung in zahlreiche Gattungen und Untergattungen, von denen einige (wie z. B. die Dance Music) auch auf den ausländischen Märkten eine beachtliche Nachfrage verzeichnen konnten. In den letzten zwanzig Jahren des Jahrhunderts etablierten sich vorwiegend globale Strömungen, wie etwa Rap und Reggae, die von der Szene der Indipendent Music auf originelle Weise assimiliert wurden (so beispielsweise mit dem Revival der dialektalen Ausdrucksformen).Den Löwenanteil der Musikproduktion machte jedoch das – alle Grenzen überschreitende – Phänomen des „Pop“ aus, während die Vertreter eines „typisch italienischen“ Stils mehr und mehr ins Abseits gerieten und teils als konservativ, teils als „resistent“ gegen jegliche Form der Vereinheitlichung perzipiert wurden.