HYMNEN UND PATRIOTISCHE GESÄNGE

Volkshymnen und patriotische Gesänge sind aus der italienischen Musikkultur nicht wegzudenken: In den verschiedensten historischen Epochen spielten sie eine maßgebliche Rolle bei der Mobilmachung der Massen und/oder der Stärkung des kollektiven Identitätsbewusstseins. Sie begleiteten sowohl die glorreichsten als auch die düstersten Momente unserer Geschichte, von der Renaissance bis zur Einheit, vom Ersten Weltkrieg über die zwanzigjährige faschistische Diktatur bis hin zum Widerstand. Dank ihrer flächendeckenden Verbreitung, in städtischen wie in ländlichen Räumen, in bürgerlichen wie in proletarischen Kreisen, lieferten die Hymnen und patriotischen Gesänge – lange vor der Geburtsstunde der eigentlichen italienischen Kanzone - einen entscheidenden Beitrag zur Entstehung eines italienischsprachigen Gesangsrepertoires. Ihr Melodienspektrum war äußerst breitgefächert und spiegelte die mannigfaltigen Strömungen wieder, die die italienische Musikszene an der Schwelle vom Neunzehnten zum Zwanzigsten Jahrhundert prägten: Neben mündlichen Überlieferungen anonymer Komponisten existierten eigens von Berufs- oder Laienmusikern komponierte Melodien. Die Texte hingegen entstammten weitgehend der Feder sozial engagierter Literaten, wie etwa dem Mazzinianer Goffredo Mameli, der 1847, im Alter von zwanzig Jahren, jene Verse zur Musik des fünfundzwanzigjährigen „Militärmusikmeisters“ Michele Novaro verfasste, die die Textvorlage zur italienischen Nationalhymne bilden sollten: Il canto degli Italiani, später bekannt als Fratelli d’Italia. Mit der Proklamation des Königreichs Italien jedoch wurde erneut Giuseppe Gabettis einige Jahre zuvor für das sardische Königreich komponierter Marcia Reale zur offiziellen Staatshymne ernannt. Die Märsche, eine weitere wichtige Kategorie innerhalb des musikalischen Spektrums Italiens, erklingen noch heute anlässlich offizieller Zeremonien, wo sie die einzelnen Militärkorps wie u. a. Heer, Marine und Carabinieri repräsentieren und so eine bedeutende rituelle Funktion erfüllen. Das italienische Repertoire an Märschen entstand ebenfalls zum Großteil im nationalistisch geprägten Neunzehnten Jahrhundert, bereicherte sich in den Folgejahrzehnten stetig und erlangte seine endgültige Form um Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts. Wie die Hymnen und die patriotischen Gesänge gingen auch die Märsche von Beginn an in das Repertoire der Kapellen und Fanfarenzüge ein, wo sie nicht nur zur musikalischen sondern - dank ihrer Evokation eines starken Zusammengehörigkeitsgefühls - auch zur staatsbürgerlichen Erziehung beitrugen.
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